Krankheitsbilder

Angst

Angst ist ein Gefühl, das jeder kennt, und hat die positive Funktion, uns vor Gefahren zu schützen. Keine Angst zu haben, würde zur Folge haben, dass wir dazu neigen würden, uns leichtsinnig zu verhalten. Doch Angst hat auch andere Aspekte: Manche Menschen empfinden Angst als angenehm und genießen diese, wie zum Bespiel bei der Lektüre von Kriminalromanen oder beim Anschauen von Horrorfilmen.

Angst ist ein Gefühl, das älter ist als die Menschheit und schon in der Tierwelt existiert. Dort sowie auch bei uns hat Angst die Funktion, alle unsere Körperreserven zu mobilisieren, zum Beispiel, wenn wir früher von einem Löwen angegriffen wurden und vor ihm fliehen oder gegen ihn kämpfen mussten. Damals wie heute schalten die Muskeln auf maximale Kraftentfaltung, was zur Folge hat, dass wir anfangen zu zittern, wenn wir uns nicht oder nur wenig bewegen. Um die Muskulatur mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen, fängt das Herz an, sehr schnell zu schlagen, wir bekommen Herzrasen. Aufgrund der Muskelaktivität wird uns heiß und wir fangen an zu schwitzen. Gleichzeitig wird die Blutzufuhr dort eingeschränkt, wo sie im Falle von Gefahr nicht notwendig ist, zum Beispiel im Verdauungstrakt, dies hat zur Folge, dass uns übel wird. Da wir in einer solchen Notfallsituation intuitiv handeln sollen, wird die Denkfähigkeit zurückgefahren, so dass wir das Gefühl der „Leere im Kopf“ haben. Diese körperlichen Reaktionen und Symptome der Angst sind seit Jahrmillionen unverändert, auch wenn wir heute nicht mehr gegen Löwen kämpfen, sondern beispielsweise Angst vor schwierigen Prüfungen haben, bei denen uns eine solche Reaktion nicht mehr nutzt.

Bei den Tieren sind die Situationen, die Angst erzeugen, im Wesentlichen angeboren. Daher konnten Tiere noch nicht ausreichend Angst vor den Gefahren der Zivilisation erlernen. Dies hat zur Folge, dass die Tiere jedes Frühjahr vielfach im Straßenverkehr sterben. Im Gegensatz dazu werden wir Menschen fast angstfrei geboren und müssen die gefährdenden Situationen, die bei uns Angst auslösen, erst im Laufe des Lebens lernen. Dies hat den Vorteil, dass wir Menschen uns sehr flexibel auf neue Gefahren einstellen können. Andererseits hat es den Vorteil, dass eine einmal gelernte Angst auch wieder verlernt werden kann.

So ist es zunächst notwendig zu überprüfen, ob die Angst, die ich verspüre, einen realen Hintergrund hat. Wenn die Gefahr real ist, muss ich handeln. Bei unbegründeten Ängsten, wie zum Beispiel Flugangst oder Angst vor Spinnen, dem Zahnarzt oder vor leeren Plätzen, fühlen wir uns behindert. In dem Fall kann Angst krankhaft werden.

Angst kann aber auch als Symptom von anderen Erkrankungen auftreten, dies mögen körperliche Erkrankungen sein, aber auch als Symptom anderer psychischer Erkrankungen.

Ausprägungen der Angst

Als eigene Erkrankung gibt es einerseits die Phobie: diese bezeichnet Ängste vor spezifischen Situationen, beispielshaft Menschenmengen, öffentlichen Plätzen, Spinnentieren und anderem. In diesem Rahmen gibt es auch die sogenannte soziale Phobie, die Angst vor sozialen Situationen, beispielshaft in Restaurants, an der Kasse im Supermarkt oder Ähnliches.

Weiter gibt es die Panikstörung, bei der anfallsartig stärkste Ängste auftreten.

Die generalisierte Angststörung bezeichnet eine Störung, bei der Ängste unspezifisch und frei flottierend auftreten.

Die Folge von Ängsten kann sein, dass die Menschen sich zurückziehen, vielleicht ihre Potentiale bei der Arbeit nicht ausschöpfen können und ihre Karriere nicht so beschreiten können, wie es möglich wäre. Aber auch Depressionen oder Suchterkrankungen können Folge einer Angststörung sein.

Behandlung

Die Behandlung einer Angsterkrankung besteht im sogenannten Expositionstraining. Im Kern geht es darum, sich den angstbesetzten Situationen, die objektiv keine Gefahr darstellen, auszusetzen und zu lernen und zu spüren, dass die Angst unbegründet ist. Beispielsweise bei einer Spinnenphobie könnte der erste Schritt sein, über Spinnen zu sprechen, sich mit Spinnen auseinanderzusetzen und beispielsweise im Internet über Spinnen zu recherchieren, Spinnenterrarien im Zoo zu besuchen, vielleicht einmal eine Spinne unter dem Vergrößerungsglas anzuschauen und schließlich eine Spinne auf die Hand zu setzen. Man wird dabei sehen, dass die Spinne viel größere Angst vor einem Menschen hat, als dieser vor der Spinne haben muss.

Eine Psychotherapie bei einer Angststörung sieht nach einer Diagnostik und nach einer Aufklärung vor, dass den Betroffenen ein Erklärungsmodell erläutert wird. Nach gedanklichen Übungen folgen praktische Übungen, eventuell mit ergänzenden Verfahren unterfüttert. Schließlich wird eine Rückfallprophylaxe besprochen.

In seltenen Fällen können auch Medikamente eingesetzt werden, hier stehen an erster Stelle die sogenannten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, also Medikamente gegen Depression. Gelegentlich eingesetzte Benzodiazepine, wie zum Beispiel Diazepam, haben den großen Nachteil, dass sie suchterzeugend sein können, deshalb sollte man diese möglichst nicht oder im äußersten Fall nur sehr kurzfristig einsetzen.

Es sollte klar sein: Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern Angst zu überwinden.